Biographie

Лидия Шульгина
LYDIA SCHULGINA. LEBEN UND WERK - WICHTIGSTE DATEN

1957
Geboren in Moskau als Tochter der Literaten Nina Schulgina und Michael Friedmann.

1979
Absolviert die Fakultät für Illustration am Moskauer Institut für Polygraphie.

Seit 1976
Teilnahme an Ausstellungen.

Seit 1980
sind über 30 Bücher mit Illustrationen der Künstlerin in Rußland, Polen, der Tschechoslowakei, Finnland und Japan verlegt worden.

1982,1984,1985,1986
Stipendien des Künstlerverbandes Rußland. 

1992
Auszeichnung mit dem Preis „Bestes Buch des Jahres" (Moskau).

1996
Stipendium der Kulturverwaltung des Kreises Pinneberg (Deutschland).

1999
Preis des Landkreises Bamberg für die Skulptur „Kreuztragung" im Rahmen der internationalen Ausstellung im Kreuzgang des Bamberger Doms.

1996-2000
lebte und arbeitete die Künstlerin in Deutschland.

Werke der Künstlerin befinden sich in der Tretjakow-Galerie in Moskau sowie in anderen Museen und Sammlungen der Welt.

Lydia Schulgina wurde 1957 in Moskau als Tochter der bekannten Literaten Nina Schulgina und Michael Friedmann geboren. Ihr frühes Interesse für die Malerei wurde von den Eltern gefördert; Lydia trat in eine Kunstschule ein, obwohl sie zu der Zeit bereits eine Schule mit mathematischer Ausrichtung besuchte. Die Verbindung dieser beiden Disziplinen - eine für Künstler seltene Verbindung - trug zur Entwicklung sowohl der logischen als auch der emotionalen Seite der Persönlichkeit und des Talents bei.

Nachdem sie 1974 beide Schulen mit Auszeichnung beendet hatte, nahm sie ihr Studium am Moskauer Polygraphischen Institut an der Fakultät für Buchillustration auf. Bücher mit Lydias Illustrationen wurden nicht nur in Rußland, sondern auch in der Tschechoslowakei, in Polen, Finnland und Japan verlegt. 1992 gewann eines ihrer Bücher den Preis „Bestes Buch des Jahres" (Moskau). Viele Jahre hindurch schrieb und illustrierte Lydia Texte für Kinder mit onkologischen Erkrankungen.

1985 fing Lydia an, sich aktiv in der Malerei zu betätigen, gleichzeitig zu ihrer Arbeit mit dem Buch und der Erziehung ihres Sohnes. Die Sujets aller ihrer Bilder sind biblisch. Lydia trennte sich nie von der Bibel und hatte ab 1996 stets eine russische und eine deutsche Ausgabe bei sich.

Die Einmaligkeit von Lydia Schulginas Talent besteht darin, daß es in sich selbst nicht genügend Raum findet; es fließt über und bricht fortwährend in neuem Material und neuer Form hervor. Dieser Überfluß liegt nicht bloß in der Vielgestaltigkeit der Formen, sondern auch in der Anzahl jener Fragen, die wir nicht immer zu stellen und noch seltener zu beantworten wagen.

Als die Perestroika in vollem Gange war, tauchten in Moskau unzählige kostenlose Zeitungen und Zeitschriften auf; sie lagen überall herum, zertreten in schmutzigen Hauseingängen, schwammen in den Pfützen der Stadt, flatterten, vom Wind getrieben, über die Straßen, Grünanlagen und Höfe. Wir Künstler fühlten schmerzhaft die Erniedrigung des Papiers -schließlich ist das unser Material, man wollte es aufheben, verstecken, zärtlich behandeln - was Lydia dann eigentlich auch tat; sie fing an, damit zu experimentieren, und gab dem Papier seine ursprüngliche Erhabenheit zurück, indem sie den herumliegenden Müll in Stoff und Sprache hoher Kunst verwandelte.

Unbeschreiblich ist die Verschiedenartigkeit der Kunstgriffe, die Menge an Einfällen, von denen viele einem anderen Künstler für ein ganzes Leben ausreichend gewesen wären und von denen doch keiner Selbstzweck ist. Technische Schwierigkeiten kannte Lydia Schulgina nicht, die Schnelligkeit der Umsetzung war verblüffend.

In professioneller Hinsicht war Lydia Schulgina, wie ich sagen würde, aufgeklärt konservativ. In allem, was Fragen des Stils, der Form, der Bildlichkeit anlangt, war sie erstaunlich vorsichtig. Nicht ein einziger offener Bruch mit dem Früheren - dies ist Fortschrittlichkeit im Rahmen der Tradition, im Rahmen makelloser menschlicher und künstlerischer Loyalität. Sie ist vor keiner angenommenen Verpflichtung zurückgewichen, hat keinen Kanon mit Füßen getreten, machte einzig ihr künstlerisches Credo immer komplizierter, wobei sie Stil und Form nicht als Bruch und Zerstörung empfand, sondern als ein Pfropfen verschiedener Früchte an einen und denselben Baum. Lydia Schulginas Kunst ist vom Anfang bis zum Ende voll von Intensität und kultureller Schaffenskraft. Das ist die Rückgabe des Zeitlichen an das Ewige. Was Lydia Schulgina auch tat - überall, in ausnahmslos jedem Werk ist die hohe Kraft ihres Schöpfertums präsent. Mit niemandem polemisierend, nichts zerstörend, frei von Ambitionen und Eitelkeit, wächst es aus den Traditionen der Kunst unserer Welt organisch hervor.

Offen sprechen die Werke Lydia Schulginas zu uns - nicht nur von der Freude des Verstehens, sondern auch von der Schwere der auf dem Lebensweg unvermeidlichen Verluste und Opfer. Hier ist es - das paradoxe, große Geheimnis der Kunst, wenn, des tragischen Lebens ungeachtet, der Schöpfer den in den tiefsten Tiefen der Seele gelegenen Quell der göttlichen Kunst nicht aufhalten kann. Die Wege der Inspiration sind unergründlich! Die Kunst wird dem Leben ebenbürtig, die Tragödie des Lebens wird mit Mitteln der Kunst gelöst, welche die Grenzen des Lebens erweitert. Das Leben ist Höhe! Höhe als einzige Bedingung des Daseins. Leben und schaffen, als schaue Gott auf dich...

 Ich bezeuge, daß Lydia Schulgina alle Stufen auf dem Weg zur Freiheit des Geistes mit vollem Verantwortungsbewußtsein durchschritten hat, ohne an sich selbst auch nur die geringsten Eingeständnisse zu machen.

Der Weg eines jeden Menschen ist einzigartig. Die Kunst Lydia Schulginas wird jedem helfen, der zu geistiger Bewegung bereit ist.

 Steht auf und geht; im Anfang der Schöpfung liegt die Liebe, helft einander durch Liebe und Barmherzigkeit, allseits soll die Bürgschaft des Guten ihren Triumph feiern - das sagt uns mit ihrem Leben und ihrem Werk die Künstlerin Lydia Schulgina.

 

Nikolai Estis